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Grasser Prozess 9
3rd & 7 37yd
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Die Richterin scrollt in den Unterlagen, die sie auf der Leinwand oberhalb der Richterbank einblenden lässt - sowie auf einem kleinen Bildschirm, der direkt am Zeugenstandstisch aufgestellt ist. Dann liest sie daraus vor. Es geht um die, schon gestern erwähnten, acht Prozent Mindestrendite im Jahr auf das eingesetzte Eigenkapital für die Immofinanz.
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Richterin Hohenecker fragt, ob verschiedene Varianten bezüglich der Höhe des eingesetzten Eigen- und Fremdkapitals diskutiert wurden. Petrikovics bestätigt das und erklärt der Prozessleiterin auf entsprechende Frage den sogenannten "Leverage Effekt" (er meint, grob gesagt, dass der Einsatz von Fremdkapital anstelle von Eigenkapital die Eigenkapitalrendite steigern kann - Stichwort: Hebelwirkung).
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Themenwechsel: Warum Österreich-Konsortium, wer die Idee gehabt habe? Petrikovics wiederholt seine Aussage von gestern, wonach es Hochegger war, der ihm geraten habe "im Inland" zu bleiben, da es besser wäre, wenn die Wohnungen in Österreich blieben und nicht in ausländische Hände fielen. Hochegger habe ihm dazu geraten. Daher sei letztlich auch der Name Österreich-Konsortium entstanden, um das zu betonen.
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Kurz zusammengefasst
Richterin Hohenecker hat am Vormittag die Einvernahme des früheren Immofinanz-Chefs Petrikovics fortgesetzt. Er beteuerte abermals, dass der damalige Lobbyist Hochegger für die Immofinanz von Nutzen gewesen sei - so habe er u.a. davor gewarnt, dass die Bundewohnungen ans Ausland verkauft werden, besser sei, sie in Österreich zu behalten. Außerdem habe er Petrikovics darüber informiert, dass hinter der Konkurrenz im Bieterverfahren, der CA Immo, die Bank Austria stehe. das sei relevant gewesen, da man diese andernfalls nicht ernst genommen hätte, führte Petrikovics aus. "Die war ein Zwerg, die versucht hat, einen Riesen zu stemmen."
Insofern habe Hochegger gute Leistungen für die Immofinanz erbracht und das an ihn gezahlte Erfolgshonorar sei zulässig gewesen. Hier setzte Petrikovics dann - wie schon gestern - einen Seitenhieb auf den ehemaligen RLB OÖ-Chef Starzer. "Sie sind davon ausgegangen, der Dr. Hochegger hat einen mündlichen Vertrag von 0,5 Prozent mit Ihnen und Sie sind davon ausgegangen, dass er einen Vertrag über 0,5 Prozent (vom Verkaufspreis der Buwog, Anm.) mit der RLB OÖ hat?", fragt die Richterin. Petrikovics bejahte dies und ergänzte, er finde es "lächerlich", dass Starzer nun so tue, als hätte man mit all dem nichts zu tun gehabt.
Warum er nicht - innerhalb der Immofinanz - publik gemacht habe, dass er die Informationen bezüglich Bietpreis der Konkurrenz bzw. der "Rückendeckung" durch die Bank Austria von Hochegger habe? "Für mich wäre es nicht sehr klug gewesen, den Dr. Hochegger zu verbrennen", rechtfertigte Petrikovics dieses Vorgehen. Denn, das Um und Auf seien Informationen und die bekomme man nur, wenn nicht jeder wisse, wer danach frage. "Man könnte sagen, er war so etwas wie ein Geheimagent?", fragte die Richterin. "Man könnte es fast so bezeichnen." -
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Grasser-Anwalt Wess will wissen, wie er die Tonprotokolle erhalten werde? Gestern wurde ja ausgemacht, dass das Gericht diese der Verteidigung zur Verfügung stellt - entgegen einen Fixbetrag. "Tranchenweise", antwortet die Richterin. "Kommt Zeit, kommt Protokoll."
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Themenwechsel: "Wusste Sie, dass es eine zweite Bieterrunde geben wird?", fragt die Richtung. Er sei davon ausgegangen, meint Petrikovics. "Gewusst habe ich es nicht", es sei aber nur logisch für ihn gewesen. Zur Einordnung: Es geht um die zweite Bieterrunde für den Buwog-Zuschlag. Beim Verkauf der Bundeswohnungen wurde bekanntlich in der ersten Bieterrunde am 4. Juni 2004 von der CA Immo 923 Millionen Euro, vom Österreich-Konsortium um Immofinanz und Raiffeisen Landesbank Oberösterreich 837 Millionen Euro geboten. Bei der nächsten Angebotsöffnung betrug die Differenz nur noch eine Million - 961 Millionen Euro bot das Österreich-Konsortium, 960 Millionen Euro die CA Immo.
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Wie flexibel er, Petrikovics, damals gewesen sei, wenn Hochegger einen Termin wollte? Zum damaligen Zeitpunkt, mitten im bzw. zwischen Bieterverfahren sei er sehr flexibel gewesen, meint Petrikovics. Er könne sich sogar erinnern, dass Hochegger einmal am Nachmittag angerufen haben, er, Petrikovics, sei dann aus einem Termin gegangen und habe Hochegger in einem anderen Raum getroffen. Dort habe Hochegger gemeint, man müsse in Richtung einer Milliarde gehen, jedenfalls aber mehr als 960 Millionen. Daraufhin habe er Starzer angerufen, dieser habe gefragt, ob die Information verlässlich sei. Er habe das dem noch anwesenden Hochegger gefragt und dieser habe das bestätigt, meint Petrikovics.
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Ob er Strazer gesagt habe, dass die Information verlässlich sei, "weil sie vom Hochegger kommt"? Petrikovics weiß das nicht mehr genau, er glaubt aber, er habe gemeint, dass er Strazer gesagt habe, dass Hochegger gerade bei ihm sei und meine, die Information sei verlässlich. Das habe Starzer zur Kenntnis genommen. "Für mich war die Zahl 960 für sich alleine ja nicht interessant", sagt Petrikovics, sondern es sei relevant gewesen, wie man sich nun im Konsortium einige - "wer geht wo wie viel hinauf".
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Ob er der Immofinanz-Managerin die Zahl 960 genannt habe? "Nein", sagt Petrikovics. Warum nicht? Wisse er nicht mehr. Die Richterin kann das nicht nachvollziehen - genau das habe er ja zuvor am Telefon Starzer gesagt. Petrikovics meint dazu: "Warum hätte ich ihr das sagen sollen? Für sie war wesentlich, dass das Konsortium ein neues Angebot berechnen wird und sie darauf achten muss, dass wir im Rahmen des Konsortiums nicht überproportional belastet werden." Es gab ja die zuvor besprochene Acht-Prozent-Regelung.
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Es habe letztlich mehrere Berechnungen auf die 960 gegeben, meint Petrikovics. Sprich: Modelle, "um zu diesen 960 zu kommen". Richterin Hohenecker hakt nach: Woher kamen die 960, wenn Petrikovics seiner Mitarbeiterin nichts gesagt habe? Das sei wohl von der RLB OÖ so beachtet geworden, meint Petrikovics. Er habe die Zahl ja Strazer gesagt. "Aber das war ja auch in Ihrem Interesse", kontert die Richterin. Petrikovics: "Dr. Starzer (wusste die Zahl, Anm.). Die RLB Oberösterreich hat gerechnet."
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"Der Konsortialführer, der das Angebot produziert, wusste es (die Zahl 960 Millionen, Anm.)", wiederholt Petrikovics. Gemeint die die RLB OÖ. Die Immofinanz-Managerin P. habe die Zahl nicht gekannt, sie war aber in die Rechnungen eingebunden. Insofern habe sie die Zahl nicht von ihm erfahren müssen, meint Petrikovics. Sie habe ja nur kontrollieren müssen: "Sind wir angepasst und adäquat hinauf geschoben worden und deckt sich das mit ihren Matrixen".
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Ob es ein Zufall war, dass die beiden Angebote so knapp bei einander gelegen haben? Petrikovics meint, aus damaliger Sicht sei es wohl ein Zufall gewesen, man habe wohl ähnlich gerechnet. Aus heutiger Sicht, "war da die 960 offensichtlich irgendwo bekannt". Bei wem? Petrikovics: "Es kann die Bank Austria sein, das ist aber meine persönliche Vermutung. Es könnte Fresh Field sei, es könnte Lehman sein, da gibt es eine ganze Reihe an Möglichkeiten."
Zur Erinnerung: Beim Verkauf der Bundeswohnungen wurde in der ersten Bieterrunde am 4. Juni 2004 von der CA Immo 923 Millionen Euro, vom Österreich-Konsortium um Immofinanz und Raiffeisen Landesbank Oberösterreich 837 Millionen Euro geboten. Bei der nächsten Angebotsöffnung betrug die Differenz nur noch eine Million - 961 Millionen Euro bot das Österreich-Konsortium, 960 Millionen Euro die CA Immo. -
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Richterin Hohenecker konfrontiert Petrikovics nun damit, dass er ausgesagt habe, dass Hochegger keine schriftlichen Leistungen erbracht habe. Petrikovics bestätigt das. Auch habe er gesagt, dass er "der Bote" der Zahl 960 gewesen sei. Auch das wird bestätigt. Er sei Bote gewesen, aber zugleich, wenn sie sich als richtig erwiesen hätte (was sie ja tat), "als Nutznießer".
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Ob er über das Vorkaufsrecht des Landes Kärnten für die ESG Villach wusste? Ja, meint Petrikovics. Er habe auch gewusst, dass Leute von der RLB OÖ deswegen in Kärnten gewesen seien. Ob das Starzer war? Das wisse er nicht. Jedenfalls habe er letztlich die Information erhalten, dass die RLB OÖ davon ausgehe, dass das Land das Vorkaufsrecht nicht in Anspruch nehmen werde, sagt Petrikovics. Wann er das erfahren habe? "Irgendwann im Rahmen des Prozesses." Vermutlich im Mai 2004.
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Warum ein Teil des Konsortiums im Mai 2004 nach Kärnten gefahren sei? Da sei ja noch kein Buwog-Zuschlag erfolgt, wendet die Richterin ein. "Ich habe dazu keine unmittelbare persönliche Wahrnehmung", sagt Petrikovics. Er wolle sich aber daran erinnern, dass Strazer ihm gesagt habe: "Wir waren in Kärnten."
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Am 8. und 9. Juni 2004 will Petrikovics in Prag gewesen sein, laut den Protokollen, zu denen die Richterin nun springt. Petrikovics bestätigt das. Kurz ergänzt: Die vorher angesprochene Immofinanz-Managerin P. soll am 9. Juni von der zweiten Bieterrunde erfahren haben.
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Wir kommen zur ESG Villach zurück und das damit zusammenhängende Vorkaufsrecht. Das Konsortium habe für die ESG mehr geboten, als die CA Immo, meint Petrikovics. Warum? Petrikovics führt aus: Wenn man glaube, Kärnten übe sein Vorkaufsrecht nicht aus, schreibe mann dennoch mehr bei der substanziellen Bewertung dieser ESG hinein. Denn dann ergeben sich zwei Varianten: Man bekomme die ESG und bleibe innerhalb der 960, weil man für die anderen Gesellschaften weniger biete. Übe Kärnten sein Vorkaufsrecht nicht aus, dann fiele eben die ESG raus, man zahle weniger, bleibe aber beim Gebot innerhalb der nötigen 960 und erhalte eben die übrigen Gesellschaften. Es gleiche sich also quasi aus.
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Über Monate sei "extrem viel Rücksicht auf Kärnten" genommen worden, sagt Petrikovics. Das sei über Monate gegangen. Sein Eindruck sei gewesen, "dass man sich da relativ stark an irgendwelche Zusagen gebunden" gefühlt habe. Seiner Ansicht nach sei es nicht um Vereinbarungen zwischen Bund und Land gewesen, sondern zwischen dem Landeshauptmann und der RLB OÖ. Zuerst habe Kärnten ja dem Bund abgesagt, insofern war das Vorkaufsrecht weg. Trotzdem seien von der RLB OÖ über Monate hinweg mit Kärnten Gespräche geführt worden.
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Wann er sich erstmals Gedanken über die konkrete Abrechnung gemacht habe? Die Vorbereitungen dafür seien Aufgabe des mitangeklagten Thornton gewesen, meint Petrikovics und blättert in seinen Unterlagen, um nach einem Zeitpunkt zu suchen. Am 14. Oktober, sagt er schließlich, sei das "Closing" gewesen. "Und weil Closing ein schönes Wort ist", nimmt die Richterin den Ball auf, ist die Verhandlung für heute beendet - nächste Woche geht es weiter.