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Grasser Prozess 3
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Wess zieht eine Conclusion: Der damalige Finanzminister Grasser sei am 4. Juni 2004 nicht vorab informiert worden, dass die CA Immo eine Finanzierungsgarantie von 960 Millionen Euro für die Buwog geben würde. Das würden Notizen von Traumüller belegen - das Gegenteil aber würde die Staatsanwaltschaft behaupten. Wess: "Es gibt Null-Ermittlungsergebnisse." Erst am 7. Juni 2004 habe Traumüller die Summe von 960 Millionen Euro notiert.
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"Nächste Theorie der WKStA", leitet Grasser-Anwalt Wess nun ein. Das Thema: die Bieterrunden rund um den Buwog-Verkauf. Grasser habe hier eigenmächtig gehandelt. Wess kontert dem: Experten hätten dazu geraten, nach der ersten Bieterrunde eine weitere anzusetzen, um mehr Geld locker zu machen.
Zur Erinnerung: Die Staatsanwaltschaft hat gestern in ihrem Eröffnungsplädoyer gemeint, Grasser habe eine einzige Vorgabe gehabt, was die Ausschreibung der Buwog betroffen habe. Nämlich: einen möglichst hohen Preis zu erzielen. Grasser sei für die Republik für die Veräußerung verantwortlich gewesen. „Diese Befugnis hat er missbraucht“, sagte Oberstaatsanwalt Marchart gestern. Denn: Beim Verkauf von Buwog (und anderer Gesellschaften) seien in der ersten Bieterrunde am 4. Juni 2004 von der CA Immo 923 Millionen Euro, vom Österreich-Konsortium um Immofinanz und RLB OÖ 837 Millionen Euro geboten worden. Da es „damals bereits die Zusage einer Bestechungszahlung gegeben“ habe, habe sich Grasser vom zuständigen Beamten Heinrich Traumüller über die gebotenen Beträge informieren lassen. Da „die Falschen“ vorne lagen, hätte er eine zweite Bieterrunde angesetzt. Die nunmehrige Differenz: 961 (Österreich-Konsortium) zu 960 Millionen Euro (CA Immo). Grasser habe daraufhin gleich den Ministerrat aufgesucht und das Angebot annehmen lassen. -
Wess führt dazu nun nochmal Traumüller an: "Letztlich hat Grasser sinngemäß gesagt, wenn es die Experten empfehlen und wenn es der allgemeine Wunsch ist, dann machen wir das so", zitiert er ihn. Der Anwalt weiter: Es sei folglich nicht richtig, dass Grasser den Rat der Experten ignoriert habe, wie es die Staatsanwaltschaft gestern gemeint habe. Mit einem angeblichen "Tatplan" habe die zweite Bieterrunde folglich nichts zu tun gehabt.
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Wess unterbricht seinen Vortrag kurz, um auf die Uhr zu blicken, dann macht er weiter: "Nächste Theorie der WKStA", sagt er. Und meint: Je enger die Bieter in ihren Angeboten zusammenliegen, desto notwendiger sei es, weitere Bieterrunden anzusetzen, um die Bieter auszureizen. Das stimme nicht, sagt Wess: "Wenn ich die Zitrone der Bieter ausgelutscht habe", so Wess, "dann gilt das nicht mehr". Denn: Am Ende rückten die Bieter immer enger zusammen, weil man eben beim jeweiligen Maximum angelangt sei - das würden auch Aussagen des (heute stark strapazierten) Traumüller belegen.
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Außerdem, so Anwalt Wess, habe ein Lehman-Mitarbeiter auch dazu geraten, keine dritte Bieterrunde anzusetzen. Eine dritte Runde sei nur "intern, intern" besprochen worden, nicht aber mit dem Finanzministerium. Denn: "Wir hatten dann eine Reihe von Gründen (..) eine weitere nicht mehr zu empfehlen", heißt es dort. Denn, die Luft sei draußen gewesen. Wess unterstellt in diesem Zusammenhang nun der Oberstaatsanwaltschaft Aussagen "völlig missinterpretiert" zu haben.
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"Das ist ein extrem wichtiger Punkt", wirbt Wess nun für seinen nächsten Punkt. Es geht um ein "Presse"-Interview mit Eduard Zehetner, sechseinhalb Jahre lang Chef der Immofinanz. Dort habe er gesagt: "Ein Banker hat mir einmal erzählt, dass jeder in Wien wusste, wie viel die CA-Immo maximal bieten kann, nämlich 960 Mio. Euro. Die hatten nicht mehr zur Verfügung." Was Wess daran stört: Zehetner sei von der Staatsanwaltschaft nicht als Zeuge geladen worden, stattdessen werde behauptet, nur Grasser habe diese Information haben können.
>>> Das "Presse"-Interview vom März 2015 -
Grasser-Anwalt Wess stört sich nun daran, dass die Staatsanwaltschaft eine Provisionszahlung als Bestechungszahlung bezeichnet hat.Konkret heiße es in der Anklage, dass sich Grasser, Hochegger, Meischberger und Plech überlegt hätten, wie sie diese Gelder am besten fließen lassen sollen. "Auch dazu null Ermittlungsergebnisse in den Akten", sagt Wess.
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Worum geht es bei diesem Thema? Die Korruptionsstaatsanwaltschaft vermutet, dass rund um die Einmietung der oberösterreichischen Finanzdienststellen in den Linzer Terminal Tower (ein Bürogebäude am Linzer Hauptbahnhof) abermals ein rechtswidriger „Tatplan“ zur Anwendung kam. Dieser habe demnach gelautet: bei Privatisierungsprojekten serienweise „mitschneiden“. Konkret: Ex-Finanzminister Grasser soll während seiner Amtszeit einen Teil der 200.000-Euro-Provision eingesteckt haben, die für die Einmietung der Dienststellen in den Tower geflossen sein soll. Grasser bestreitet die Vorwürfe.
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Die Staatsanwaltschaft behaupte, so Wess, dass sich im Februar 2004 Grasser, Meischberger, Plech und Hochegger darauf geeinigt hätten, "den bereits im Jahr 2000 gemeinschaftlich gefassten Tatplan umzusetzen". Diesmal eben bei der Einmietung der Finanz in den Terminal Tower. Dazu, sagt der Verteidiger und zitiert eine weitere Folie seines Vortrages, habe das OLG Wien in seiner Feststellung betont: Es handele sich diesbezüglich um die "Wiedergabe bloßer Mutmaßungen".
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"Es ist in Wahrheit das gleiche Spiel wie bei Lehman, wo man sich auf Ramprecht beruft", kritisiert Wess einmal mehr das Vorgehen der Staatsanwaltschaft bei der Erstellung ihrer Anklageschrift. Es gebe eine "Herscharr von Zeuge", die Gegenteiliges behaupte - dem werde aber keine Beachtung geschenkt.
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Der Anwalt geht nun auf den Vorwurf ein, wonach 700.000 Bestechungsgeld gefordert worden sei, damit die oberösterreichische Finanz in den Terminal Tower einziehe. Das habe der frühere Porr-Chef Huber gesagt. Aber: Das sei unwahr, so Wess. Denn: Ein entsprechender Termin sei im Kalender des damaligen Porr-Chefs Horst Pöchhacker (der mittlerweile verstorben ist) nicht eingetragen. Und: Pöchhacker habe Huber wegen dessen Aussagen angezeigt, weil sie eben unwahr gewesen seien. "Eine Forderung von EUR 700.000.- zur Beschleunigung der Einmietung wurde nicht erhoben", liest Wess aus einem Protokoll vor.
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Selbst, wenn Hubers Aussagen stimmen würden, würde sich daraus kein Bestechungsvorwurf ergeben, meint Wess weiter. Überhaupt: "Finanzminister sein ist ein Full-Time-Job", wie sollten sich daneben derartige Machenschaften ausgehen, wundert sich der Anwalt nun.
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Wess thematisiert abermals Grasser. Dieser habe als Minister "für derartige Themen beschränkt Zeit und Muße" gehabt. Tatsächlich seien der Generalsekretär und die Abteilung 1/3 im Finanzministeriums für die Einmietung zuständig gewesen. Grasser habe lediglich "auf den Preis gedrückt".
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Wess kommt zu einem weiteren Punkt in der Anklageschrift, nämlich, dass zu einem späteren Zeitpunkt - nachdem die Zahlung der 700.000 Euro Schmiergeld abgelehnt worden sei - eine Summe von 200.000 Euro gefordert wurde. Richtiger sei, so der Anwalt: Grasser habe erst nach Rücksprache mit den Dienststellen über den Mietvertrag entscheiden wollen. Denn: Es habe unter der Belegschaft Beschwerden gegen die Übersiedelung in den Terminal Tower gegeben. Darauf wollte Grasser Rücksicht nehmen. Zeitgleich sei auch versucht worden, den Preis zu senken. Das sei nur rechtens. Die Anklage, so Wess, meine hingegen, Grasser seien die Beschwerden egal gewesen. Das stimme nicht.
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Nun geht es um einen Aktenvermerk der Porr. Laut Wess habe die Staatsanwaltschaft dort die Notiz einer Bestechungszahlung finden wollen. Das wäre besonders dumm, meint Wess. "Bestechungszahlung steht da nicht, es steht Variante 1 und Variante 2", sagt Wess - hinter diesen verbergen sich Mietziensvereinbarungen. Bei Variante 2 fänden sich auch die 700.000 Euro - das seien aber nicht die Schmiergelder, sondern das sei die mathematische Differenz zwischen Variante eins und zwei.
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Wess zitiert eine weitere Aussage, wonach die 700.000 Euro für Mehrleistungen der Finanzämter zur Verfügung stehen sollten (eben als Einmalzahlung im Gegenzug für die Variante 2 mit dem höheren Mietzins). Auch andere Zitate würden dies stützen. So etwa in einem Schreiben des Finanzministeriums, in dem von einem "Kostenzuschuss" die Rede war.
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Ein weiteres Beispiel: Er zitiert die Aussage des Mitangeklagten W. - auch dieser spreche von einem Erfolgshonorar, das sei aber völlig normal. Von Bestechungszahlungen keine Rede also. Er appelliert an die Schöffen: "Schauen Sie sich an, ob die WKStA hier alles richtig zitiert und zusammengetragen hat."
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Freilich, sagt Wess nun, man könne darüber streiten, ob es Erfolgshonorare und Provisionen geben soll. Dafür und dagegen werde es etliche Argumente geben. Aber: "Es wird nur dann, in Wahrheit, relevant, wenn man irgendwie belegen kann", so Wess, dass es Verbindungen zu Grasser gebe. Hier aber, in den zitierten E-Mails, "deutet nichts, nicht einmal im Ansatz, null, auf Mag. Grasser hin".
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Themawechsel: "Wie soll der Mag. Grasser Ihnen beweisen, dass ihm etwas nicht gehört?", fragt Wess? "Wie soll dieser Negativbeweis erbracht werden? Das ist denkunmöglich." Er, Wess, könne den Schöffen daher nur zurufen: "Das Konto 400.815 ist ihm nicht zuzurechnen, war ihm nie zuzurechnen und wird ihm nie zuzurechnen sein", das belege auch ein Gutachten des Steuerberaters Thomas Keppert, sagt Wess - und "wirft es an die Wand". Sprich: auf eine Folie.
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Wohin ist Wess mit seinen Ausführungen nun gesprungen? Eine kurze Erklärung: Das Konto 400.815 wurde 2001 von Meischberger eröffnet, im Zuge des Buwog-Deals sollen laut Anklageschrift 2.446.481 Euro hier eingelangt sein sowie Geder von der Baufirma Porr in Sachen Terminal Tower. Die Oberstaatsanwälte rechnen das Konto Grasser zu, denn der Ex-Minister hatte einen Treuhandvertrag mit der Ferint AG geschlossen. Klingt kompliziert, soll sich so ausgehen: Laut Anklage wurde vom Konto 400.815 ein Betrag auf das Raiffeisen-Landesbank-Liechtenstein-Konto der in Belize City (Zentralamerika) gegründeten Firma Mandarin Group Ltd. überwiesen. Auf genau dieses Konto floss auch Geld von anderer Seite: nämlich von einer gewissen Ferint AG, einer Schweizer Briefkastenfirma mit Meinl-Bank-Konto. Die Oberstaatsanwälte sehen daher die Mandarin als Bindeglied zwischen Grasser (Ferint) und dem 400.815-Konto an.
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Ein weiterer Vorwurf gegen die Staatsanwälte: "Wenn Sie ein Ergebnis haben und alle Fakten in diese Richtung ableiten wollen, können Sie das tun. Dann dürfen Sie aber nicht Staatsanwalt werden." Das gelte auch für den Themenkomplex "Schwiegermuttergeld". Er habe Gelder für die Familie Svarovski veranlagt. Mehr hört man von Wess zu dem Thema nicht.
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Grasser sei Opfer bzw. Mittelpunkt eines medialen Tsunamis gewesen, das habe ein Gutachten bestätigt, sagt Wess noch. "Es werden zahlreiche entlastende Protokolle verschwiegen und drei werden herausgepickt und aus denen könne man dann ganz genau etwas über einen Tatplan entnehmen", meint Wess. Er hoffe "auf ein faires Verfahren". "Unser Mandant ist nicht schuldig - er wird sich nicht schuldig bekennen", schließt Wess seinen Vortrag.
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