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Grasser Prozess 2
3rd & 7 37yd
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Die "erste Gelegenheit: Buwog". Grasser sei nicht öffentlich aufgetreten, dafür die anderen, so Marchart. Und er erklärt. Die Republik hatte eins Wohnbaugesellschaften. Um daraus Kapital zu schlagen, gebe es auch die Möglichkeit der Veräußerung. "Es hat dafür ein eigenes Gesetz gegeben, ich nenne es jetzt ganz kurz das Buwoggesetz", sagt Marchart. Darin sei gestanden: Dass die Wohnbaugesellschaften (Buwog, WAG, EBS, ESG) veräußert werden dürfen und zwar mit dem Ziel der "Erlösmaximierung". Und: "Natürlich sollte das, was herausgeholt wird, auch der Republik zugute kommen." Grasser sei hierfür zuständig gewesen. "Er (GRasser, Anm.) war zuständig, den größtmöglichen Nutzen der Republik zuzuführen - diese Befugnis hat er missbraucht, indem er teilweise in die eigene Tasche gewirtschaftet hat."
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Oberstaatsanwalt Marchart macht weiter: Es sei damals versucht worden, die Wohnungen den Mietern zum Kauf anzubieten - das Vorhaben sei gescheitert. Daher habe man sich ein Investmenthaus gesucht - "diese Dinge werden uns im Zuge der Hauptverhandlung nicht mehr wirklich berühren". Man habe Lehmann Brothers ausgewählt, um den Verkauf abzuwicklen. "Sie erinnern sich: arbeitsteilige Vorgehensweie", sagt Oberstaatsanwalt Marchart. Hierzu habe Grasser Kommissionen eingeführt, um sagen zu können: "Ich habe nichts gemacht, ich habe nur darauf vertraut, was die Experten sagen. Ein probates Mittel. So war es auch in diesem Fall."
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Es habe einen Wettbewerb gegeben, es war nicht sicher, wer den Zuschlag bekommen würde, sagt Oberstaatsanwalt Marchart. In dieser Zeit sei Bestechungsgeld geflossen - und zwar vom Österreich-Konsortium (rund um Immofinanz und RLB OÖ). Das Bestechungsgeld sei in Höhe eines Prozents des letztlich vereinbarten Verkaufspreises ausgefallen.
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Es habe zwei Angebot runden gegeben, führt Oberstaatsanwalt Marchart. Eine Folie zeigt die beiden Höchstbieter. Auf der einen Seite war die Ca Immo (923 Millionen Euro) in der ersten Runde Bestbieter, das Österreich-Konsortium (837 Millionen Euro) war dahinter. In der zweiten Runde habe das Österreich-Konsortium mit 961 gegenüber 960 Millionen Euro "die Nase vorne gehabt", sagt Oberstaatsanwalt Marchart. "Zu dieser Zeit hat es bereits die Zusage der Bestechungszahlung gegeben", so der Staatsanwalt. Dieses Versprechen sei über Hochegger weitergegeben worden.
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Oberstaatsanwalt Marchart erinnert nun an das Gesetz. Stichwort: Erlösmaximierung. "Von der von Mag. Grasser eingesetzten Auswahlkommission" sei ein Vorschlag gekommen. Und zwar, so zitiert er: "Für den Fall von Angeboten, die nicht wesentlich auseinander liegen, wird eine Nachverhandlungsrunde durchgeführt werden, um eine Nachbesserung zu ermöglichen". Genau das sei passiert. Und das Auffällige dabei: Im ersten Fall seien die Angebote um 86 Millionen Euro auseinander gelegen, in der zweiten Runde "trennt beide Bieter eine Million - in dieser Phase gibt es keine Nachverhandlungsrunde", sagt Marchart. Denn: "Petrikovics, Strazer und Scharinger hatten ja bereits die Bestechungszusage" erteilt - Grasser und Co. "konnten diese Gelegenheit nicht dahin sinken lassen".
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Oberstaatsanwalt Marchart geht nun darauf ein, wie man auf die 960 bzw. 961 Millionen Euro gekommen sei. Die Ca Immo hätte offengelegt gehabt, dass sie bereit wäre 960 Millionen Euro zu zahlen, so der Staatsanwalt. Diese Information hätte nur weitergeben können, wer Zugang zu dieser Information hatte. Wer kommt da infrage? Oberstaatsanwalt Marchart: "Die Angebote kamen im verschlossenen Kuvert zum Notar", sagt er. "Sie kamen dann zurück zu den Experten von Lehmann." Aber: Bei dem Termin "war jemand aus dem Bundesministerium von Finanzen anwesend. Und zwar "Dr. Traumüller" - der "Inbegriff des Musterbeispiels von Beamten", sagt Oberstaatsanwalt Marchart. Denn: Traumüller habe stets alles notiert. Das sei ein Glücksfall für die Korruptionsjäger gewesen. Traumüller habe unmittelbar nach der Öffnung der Angebote einen Termin bei Grasser gehabt. "Da wird man wohl nicht über das Wetter gesprochen haben", meint er, "sondern Dr. Traumüller hat Herrn Mag. Grasser selbstverständlich informiert". Grasser "hatte also Zugang zu den Informationen" und wusste, "dass genau der Falsche vorne lag". Deshalb sei die zweite Bieterrunde angesetzt worden.
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Nach dem Termin mit Traumüller habe sich Grasser - laut seinem Terminkalender - "drei Stunden geblockt", sagt Oberstaatsanwalt Marchart. Das sei logisch: "Man muss den Spielraum haben, sich zu treffen. Er musste handeln können - und genau das ist auch passiert. Er hat die Information weitergegeben."
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Zurück zu den Experten. Diese hätten wohl empfohlen, den Zuschlag an die Ca Immo zu erteilen. Das konnte Grasser, so Oberstaatsanwalt Marchart, nicht zulassen. Denn dann wäre ihm ja das Bestechungsgeld durch die Finger gerutscht. Daher wurde der Termin für die zweite Runde angesetzt.
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Nun war das Ergebnis nach der zweiten Runde sehr knapp. Und wieder musste Grasser handeln, sagt Oberstaatsanwalt Marchart. Denn: Das Ergebnis war äußert knapp (eine Million Euro Differenz). Die Experten hätten nun wohl empfohlen, eine weitere Runde anzusetzen (Stichwort: Erlösmaximierung).
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Traumüller habe in seinen Notizen festgehalten, dass am Dienstag ein Ministerrat gewesen wäre, dieser musste dem Verkauf zustimmen. Da habe Grasser betont: "Am Dienstag Ministerrat." Allerdings, so Oberstaatsanwalt Marchart: Laut Gesetz bestand kein Zeitdruck.
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Oberstaatsanwalt Marchart berichtet nun von Interna aus dem Lehmann-Team. Es hätte Wetten gegeben, wer den Buwog-Zuschlag wie hoch gewinnen würde. Was sagen diese? Ein Tipp habe gelautet, dass die Ca Immo wohl fähig gewesen wäre, mehr als eine Milliarde Euro (exakt 1,13 Mrd.) zu bezahlen. Es sei komisch, sagt Marchart nun, dass angeblich von den Experten die Rufe gekommen sein sollen, man wolle keine dritte Bieterrunde.
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Zuvor kommt Oberstaatsanwalt Marchart aber zum zweiten Projekt - Terminal Tower. Oberösterreichs Finanzdienststellen suchten eine neue Unterkunft - eine Gelegenheit für Schmiergeld, wie Marchart meint. Aber: Seitens der Projektteilnehmer beim Terminal Tower war anfangs keine Begeisterung dafür aufzubringen - man habe angenommen, das Projekt ohnehin zugesagt zu bekommen. Sprich: Dass die Dienststellen ohnehin in den Turm einziehen würden. "Eine Forderung (nach Schmiergeld, Anm.) stand im Raum, darauf wurde aber nicht eingegangen", sagt Oberstaatsanwalt Marchart.
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Dann ging es an die Abwicklung der Zahlungen. "Der Gedanke, dass man jetzt nicht nachlässig werden darf, nicht gierig werden darf", sei aufgekommen, sagt Oberstaatsanwalt Marchart. Die Folge: "Man erfindet Rechnungen, wickelt alles über das Ausland ab". Das sei passiert. Erster Stopp des Geldes: die zypriotische Firma Astropolis von Lobbyist Hochegger.
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Aber: Das Buwog-Bestechungsgeld sei ins Stocken geraten. Hochegger habe daraufhin geschrieben - Oberstaatsanwalt Marchart zitiert eine E-Mail - , dass Hochegger von seinen Projektpartnern ständig gefragt werde, wann das Geld denn einlangen werde. Er "brauche diese Informationen für meine Partner". Und: "Die Geschäftspartner drängen auf ein Feedback". Und noch eine: "Meine Geschäftspartner sind enttäuscht und verunsichert über die plötzliche Funkstille". Diese Parter, so Marchart, seien Grasser, Plech und Meischberger gewesen.
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"Geld, Gier, Geheimnisse", macht nun Oberstaatsanwalt Denk weiter. Im Buwog-Deal seien rund 9,9 Millionen Euro geflossen, rund um den Terminal Tower 200.000 Euro. Diese insgesamt 10,1 Millionen Euro sei an die Hochegger-Firm Astropolis geflossen. Ein Teil des Geldes blieb hier, der Großteil floss weiter. Teilbeträge gingen an eine Gesellschaft namens Omega International LLC in Delaware, USA. Die wiederum hatte ein Konto in Liechtenstein. Und von dort flossen Gelder auf drei Konten bei der Hypo Investment Bank AG (HIB) Liechtenstein ("400.815", "Karin", "Natalie").
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"Natalie" gehöre Meischberger (2,5 Mio. Euro), "Karin" gehöre Plech (2,5 Mio. Euro), das Konto "400.815" (2,5 Mio. Euro) gehöre Grasser, stellt Oberstaatsanwalt Denk fest. Grasser habe sich damit 21 Minister-Jahresgehälter auszahlen lassen. "Natalie" sei eben von Meischberger eröffnet worden, der Name war jener von dessen Lebensgefährtin. Plech legte "Karin" an - Name seiner Gattin. Bei Eröffnung bestätigten beide, wirtschaftlich Berechtigte zu sein. Im Falle eines Todesfalles sollte Plech für Meischbergers Konto zugangsberechtigt sein - und umgekehrt, wobei Plech auch Familienmitglieder anführte.
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Oberstaatsanwalt Denk führt nun aus, dass Meischberger stets betont hatte, allein Berechtigter für die Konten zu sein. Aber Plech habe Geld von dort ausgegeben, etwa für ein Haus in Australien. Plech sei also eindeutig das Konto "Karin" zuzuordnen. Meischberger habe indes von dem "Natalie"-Geld eine Yacht gekauft - die auch zur Hälfte Plech gehöre.
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"Auf dem Konto 400.815 herrscht rege Betriebsamkeit", sagt Oberstaatsanwalt Denk. Kurz nachdem dort Geld gelandet sei, sei auf Grassers Inlandskonten auch Geld eingelangt - vermutlich von seiner Gattin oder seinen Eltern, habe der Ex-Minister ausgesagt. Das sei unglaubwürdig.
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Wir kommen zum ominösen "Schwiegermuttergeld". Das wollte Grasser erhalten haben, um dieser sein "Veranlagungstalent" unter Beweis zu stellen. Oberstaatsanwalt Denk sagt aber, man habe die Flüge, die Kreditkartenabrechnungen von Grasser, seiner Frau und seiner Schwiegermutter überprüft. Das Ergebnis: "Mag. Grasser hat gelogen". Es geht um 500.000 Euro. "Diese wollte Grasser diskret veranlagen." Er habe "seinen Freund, den Banker Julius Meinl" um Hilfe gebeten, dieser habe ihn in die Schweiz verwiesen. Grasser sei nach Ende der Öffnungszeiten in die Meinl-Bank gekommen, übergab dort zwei Kuverts "voll mit Geld" und wollte keine Bestätigung, dass er hier war. Seltsam: Grasser habe, das hätten die Ermittlungen ergeben, stets alle Belege genommen und aufbehalten - etwa von Parkhäusern. "Immer, wenn es kritisch wird, gibt es keine Belege."
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Oberstaatsanwalt Denk macht weiter: Das "Schwiegermuttergeld" ging an die Ferint AG, einer Schweizer Briefkastenfirma mit Meinl-Bank-Konto. Gelder vom Konto "400.815" flossen weiter auf das Raiffeisen-Landesbank-Liechtenstein-Konto der in Belize City (Zentralamerika) gegründeten Firma Mandarin Group Ltd.. Auf genau dieses Konto floss dann auch das Ferint-Geld. "Es kommt zu einer Vermischung von Geld", sagt Denk. Von der Mandarin sei das Geld weiter an die Catherine Participation Corp. geflossen - zeichnungsberechtigt hier die Ehefrau von Grasser - "damit schließt sich der Kreis".
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Staatsanwalt Denk macht weiter - wird sind im Februar 2009. Damals sei Panik unter den heutigen Angeklagten aufgekommen, da die Zahlung der 9,6 Millionen Euro aufgeflogen sei. Hochegger versuchte, so Denk, Meischberger zu kontaktieren. Zuerst hatte er ihn nicht erreicht. "Dazu muss man wissen", sagt Denk, "Grasser, Meischberger und Plech waren damals mit Hochegger nicht mehr befreundet." Sie wollten Hochegger alles zuschieben, dieser weigerte sich. Er wollte Selbstanziege erstatten. Plech und Meischberger hätten das zuerst nicht gewollt, dann aber tat es Meischberger Hochegger nach.
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Nun ging es darum, die Geldflüsse zu verschleiern, kommt Oberstaatsanwalt Denk zum Vorwurf der Beweismittelfälschung. "Unter tatkräftiger Mitwirkung" des Steuerberaters Toifl und des Vermögensberaters W. seien gefälschte Verträge aufgesetzt worden. Darüber hätte Meischberger sogar in seinem Tagebuch geschrieben: "Verträge sind zu 'finden' und abzustimmen, etc."
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In Summe seien also mehrere Verträge gefälscht worden - darunter eine Immobilieninvestmentvereinbarung, ein Kreditvertrag. Allesamt seien rückdatiert worden, von allen seien nur Kopien an die Staatsanwaltschaft weitergegeben worden - das sei auffällig, denn bei Originalen hätte man feststellen können, wann sie ausgestellt wurden.
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Noch etwas sei Denk aufgefallen - dass nämlich die Aufzeichnungen der Anklagen aus der damaligen zeit sehr gefühlsbetont formuliert wurden. "Komisch entwickelt sich die Sache mit KHG(...) Ich höre, er ist supernervös", sei etwa bei Meischberger zu lesen gewesen. "Ich frage Sie, schreibt so ein Unschuldiger?", fragt Denk. Und fügt hinzu, dass Grasser damals sehr oft seine Telefonnummer gewechselt habe.
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Nun macht wieder Oberstaatsanwalt Marchart weiter. Er wiederholt: Grasser, Plech, Meischberger und Hochegger hätten "alles getan, was notwendig ist", um bei Buwog-Deal und Terminal-Tower-Einmietung abzukassieren. "Sie wollten kassieren und sie haben kassiert - und das, meine Damen und Herren, ist strafbar. Und darum geht es in dieser Hauptverhandlung."
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"Sie haben jetzt die Spitze des Eisberges gesehen", wendet sich Oberstaatsanwalt Marchart an die Schöffen. Trotzdem "haben alle geleugnet". Mehr noch, die Angeklagten versuchten "den Blick darauf zu vernebeln auf das, worum es eigentlich geht". Dabei sei es einfach: "Grasser, Plech, Meischberger und Hochegger wollten kassieren und sie haben kassiert." Das aber, so Marchart, sollen die Schöffen nicht erkennen. Er appelliert daher: "Machen Sie die Augen auf."
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"Objektivität ist ein gutes Stichwort", sagt Marchart - "natürlich ist die Oberstaatsanwalt objektiv", sagt er - nachdem er von Anwalt Dietrich unterbrochen worden war. Denn: Marchart hatte gemeint, die Schöffen sollten sich nicht von "Störgeräuschen" ablenken lassen - gemeint waren damit wohl Äußerungen u.a. der Verteidigung.
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"Grasser, Meischberger, Plech und Hochegger wollten kassieren und sie haben kassiert", wiederholt Oberstaatsanwalt Marchart. "Alles, was in dieser Verhandlung vorkommt, ist alles, was zählt." Sollte es Punkte geben, die unklar seien, so ermutigt Marchart die Schöffen, nachzufragen.
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Oberstaatsanwalt Marchart zitiert nun aus bereits erfolgten Vernehmungen des früheren Minsteriumsbeamten Berner. Konkret nach dem gezeichneten "Tatplan". "Wissen Sie, was der Dr. Hochegger zu einem späteren Zeitpunkten dazu gesagt hat?" Er habe gesagt: "Das ist eine Schauergeschichte." Bei der ersten Konfrontation mit den Aussagen Berners, habe Hochegger noch gemeint, man könne die Zuordnung wohl so lesen.
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Einmal mehr betont Oberstaatsanwalt Marchart in Richtung der Schöffen, "dass die Beweisführung der Staatsanwaltschaft ganz eindeutig ist. Nämlich, einmal mehr: "Grasser, Meischberger, Plech und Hochegger haben kassiert" und das "ist strafbar" und das "wissen auch die Angeklagten". So wisse das auch der angeklagte Steuerberater Toifl. Dieser habe geschrieben: "Betrug, Amtsmissbrauch, Untreue (...) da rollt einiges auf uns zu."
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