Chat
Grasser Prozess 1
3rd & 7 37yd
3rd & 7 37yd
B
S
O
close
close

-





-
-
-
-
Richterin Hohenecker unterbricht erneut: "Sie müssen langsamer vorlesen", sagt sie. Ainedter macht das gerne. Er zitiert Gespräche, die Richter Hohenecker (also der Ehemann) auf Twitter geführt habe. Unter anderem habe er das Musikvideo "Christoph & Lollo - Karl-Heinz" geteilt. Das will Ainedter nun vorspielen lassen. "Wir haben keine Tonausgabe", räumt das Gericht nun ein. "Gibt's das auf CD?"
-
Ainedter weiß sich zu helfen - der Liedtext wird eingeblendet. Wir haben für Sie den Link zum Video: www.youtube.comvon Hellin Jankowski via YouTube 12/12/2017 9:22:59 AM
-
"Wann geht der karlheinz endlich in hefn / der karlheinz wann muss der endlich in loch / wann wird des karlheinzi endlich amoi eingsperrt", lauten einige Zeilen (in ebendieser Schriebweise!). Ainedter meint, dass das wohl für einige lustig sein möge, "für den Betroffenen", seinen Mandanten Karl-Heinz Grasser, sei es das keinesfalls.
-
Eine weitere Beilage führt Grasser-Anwalt Ainedter an - eine Folge der TV-Sendung "Tatort", die besonders brutal sei. Eingespielt wird nun (ohne Ton abermals), wie jemand erschossen wird. "Wir wir gesehen haben, werden hier Morde begangen", erläutert Ainedter. Er habe den Titel "Ihr werdet gerichtet" - es geht um Selbstjustiz. Auch darüber habe Manfred Hohenecker getwittert: "Gebe es den Tatort wirklich, wäre Grasser in Lebensgefahr", soll er geschrieben haben. "Ein starkes Stück", wie der Anwalt findet.
-
Weitere Zitate aus dem Twitter-Account Hoheneckers - er ist nicht nur Ehemann von Marion Hohenecker, sondern auch Strafrichter in Korneuburg - folgen nun: "Tatsache ist aber: wer für oder mit dem Herrn Schüssel gearbeitet hat, hat sich selbst für immer diskreditiert", schrieb Richter Hohenecker etwa. Damit spielte er auf die gemeinsame Regierungszeit von Grasser und Schüssel an. Zur Erinnerung: Grasser wurde 2000 erstmals (für die FPÖ) Finanzminister im ersten Kabinett von Wolfgang Schüssel (Kanzler, ÖVP). Nach dem "Knittelfelder Putsch" kam e szu Neuwahlen, Grasser trat aus der FPÖ aus und wechselte als "parteiunabhängiger Finanzminister" ins neue Regierungsteam von Schüssel.
-
-
Grasser-Anwalt Ainedter macht weiter. Nicht nur, dass Manfred Hohenecker über Grasser twittere sei negativ zu werten, auch, dass er über anderen Verfahren, die seine Frau geführt habe, twittere, sei wenig empfehlenswert. Er nennt als Beispiel das Verfahren gegen den früheren FPÖ/BZÖ-Politiker Peter Westenthaler. "Meine Damen und Herren, es ist wohl unbestreitbar, dass es zwischen zwei Menschen keinen engeren Bund gibt als den der Ehe", sagt Ainedter nur. Hierzulande könne man sich den Ehepartner schließlich aussuchen.
-
Das sei freilich nicht verwerflich - auch nicht, dass ein Strafrichter eine Strafrichterin eheliche. Aber: Es sei unbestritten, dass sich die beiden austauschen, eben auch über ihren Beruf. Mehr noch: Manfred Hohenecker sei außerdem der Ausbildungsrichter von Marion Hohenecker gewesen. "Unbefangene Außenstehende lässt das an einer unbefangenen Rechtsprechung zweifeln", findet Ainedter.
-
Damit ist Ainedter aber noch nicht am Ende. Er zitiert weiter vom Twitteraccount Manfred Hoheneckers (Marion Hohenecker hatte vor Prozessstart übrigens bekannt gegeben, selbst nicht auf Twitter zu sein und die Tweets ihres Mannes erst durch die Anwälte erfahren zu haben).
-
Nun geht es um Reaktionen diverser Journalisten auf die "Twitter-Affäre" (in unserem Dossier gibt es dazu übrigens ein ausführliches Kapitel). Unter anderem liest Ainedter einen Kommentar aus der "Kronen Zeitung" sowie aus dem "Kurier" vor, wo der "liebe Manfred Hohenecker" angesprochen und kritisiert werde.
-
-
-
-
-
Nun kommt der Grasser-Anwalt zur Begründung des Präsidenten des Straflandesgerichts Wien. Letzterer hatte einen ähnlichen Ablehnungsantrag in der Vorwoche abgelehnt. "Zumindest der Anschein der Befangenheit" sei gegeben, entgegnet Ainedter diesem und bringt den nun vorgetragenen Ablehnungsantrag ein. Er bittet darum, diesen sofort zu behandeln.
-
-
Auch Zarbl nimmt auf den Twitteraccount von Manfred Hohenecker Bezug. Der Richter sei "politisch weit links angesiedelt", sagt der Anwalt. Das zeige sich daran, dass er nicht nur gegen Ex-Finanzminister Grasser, sondern auch gegen den früheren Kanzler Schüssel (ÖVP) getwittert habe.
-
-
-
Es sei "lebensfremd" anzunehmen, dass der Grasser-Prozess "nicht Gespräch zwischen den Eheleuten ist", sagt Meischberger-Anwalt Zarbl. Selbst, wenn Manfred Hoheneckers politische Geisteshaltung Marion Hohenecker "nicht bekannt war - was durch den Westenthaler-Fall widerlegt wurde", so sei diese "Geisteshaltung" wohl zumindest jetzt bekannt.
-
"Offenbar meint Frau Hohenecker, sie sei so professionell", dass sie sich nicht beeinflussen lasse von ihrem Mann, sagt Zarbl. Das sei aber "nicht möglich", gehe es doch "um ihren Lebenspartner, mit dem sie Tisch und Bett teilt". Dieser Umstand beschreibe eindeutig eine Befangenheit. "Auch eine Richterin ist", so Zarbl, "letztlich ein menschliches Wesen".
-
Es gehe nicht darum, ob sich Marion Hohenecker "subjektiv befangen fühlt", so der Meischberger-Anwalt. Vielmehr gehe es um die "objektive Betrachtung" der Umstände. "Es ist zu prüfen, ob die äußeren Umstände gegeben sind", um "unparteiisch" zu richten, sagt Zarbl. Zahlreiche Medienberichte würden ebenfalls die Unvoreingenommenheit Marion Hoheneckers in Zweifel ziehen.
-
-
Anwalt Rohregger, der Plech verteidigt, will auch einen Antrag einbringen. Man stehe am Beginn eines der größten Strafprozesse in der österreichischen Geschichte, beginnt er. Inländische wie ausländische Medien stellten deswegen seit Tagen die Frage, ob denn da alles mit rechten Dingen zugehen.
-
Anders, als seine beiden Vorredner, geht Rohregger (noch?) nicht auf den Twitteraccount von Manfred Hohenecker ein, sondern auf das sogenannte Villa-Esmara-Verfahren; dort sollte Marion Hohenecker über Petrikovics richten, der dann aber nicht verhandlungstauglich war; später erbte sie deswegen das Buwog-Verfahren. "Ich mache den österreichischen Rechtsvorschriften einen Vorwurf", sagt Rohregger. Denn die Zuteilung der Verfahren bzw. Akte geschehe "willkürlich".
-
Ein bisschen ausführlicher will der Plech-Anwalt die Causa erörtern. Also: Vor einigen Wochen habe die Generalprokuratur eine Beschwerde beim Obersten Gerichtshof eingebracht. Darin sprach sie sich dafür aus, dass Hohenecker im sogenannten Esmara-Verfahren den Vorsitz an eine Kollegin abtreten müsse – Hohenecker sei nicht zuständig, so der Tenor.
Denn: Die Kärntnerin hatte in erster Instanz nicht über den im Grasser-Prozess mitangeklagten Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics geurteilt, weil dieser verhandlungsunfähig war. Der von ihr verurteilte Mitangeklagte legte gegen das Urteil Rechtsmittel ein, es wurde aufgehoben und eine andere Richterin, Caroline Csarmann, wurde in erster Instanz neu für den Mitangeklagten zuständig. Das Problem nun: Hohenecker darf aus Gründen möglicher Voreingenommenheit kein zweites Mal über denselben Betroffenen in derselben Causa richten.
Da Petrikovics mittlerweile wieder verhandlungsfähig ist, kam die Frage auf, ob nun noch Hohenecker oder Csarmann für ihn zuständig ist. -
Zur Klärung dieser Frage hat die Generalprokuratur eine Nichtigkeitsbeschwerde an den OGH gerichtet und empfahl einen Richterwechsel - also Csarmann. Wäre dieser Empfehlung nun vom OGH Folge geleistet worden, hätte Hohenecker nicht nur Petrikovics verloren, sondern wohl auch den gesamten Buwog-Prozess. Aber: Gestern, 18 Stunden vor dem heutigen Prozessstart, entschieden die Höchstrichter, dass Hohenecker sehr wohl zuständig sei.
-
-
Nun kommt auch Anwalt Rohregger - wenig überraschend - zu dem Twitteraccount von Manfred Hohenecker. Er wolle der Richterin ja keine Vorschriften ihre Ehe betreffend machen, auch gebe es in Österreich "keine Sippenhaftung", betont er. Aber: "Die Ansichten der Menschen, die einem am nähesten stehen", die beeinflussen eben. "Es ist psychologisch unbestreitbar, dass man hier einem klaren Einfluss ausgesetzt ist." wenn Hohenecker hier folglich einen Schuldspruch spreche, dann tue sie das zum Gefallen ihres Ehemannes. "Das ist klar."
-
"Es geht nicht darum, wie sich ein Richter selbst sieht", macht Plech-Anwalt weiter. Insofern sei es ja auch nicht gestattet, dass zwei verheiratete Richter am selben Gericht arbeiten oder über Angehörige richten. "Würden Sie gerne einen Richter haben, der verwandt ist mit Ihrem Verfahrensgegner?", fragt der Anwalt in den Raum. Freilich nicht, gibt er auch gleich die Antwort. Daher gebe es dieses Verbot ja - damit "der Anschein der Objektivität" hochgehalten werde.
-
Er mache Hohenecker "Ihre Ehe nicht zum Vorwurf", wendet sich der Anwalt von Immobilienmakler Plech nun direkt an die Richterin. Aber, gerade in einem Verfahren, dass "im Medienfokus steht, wie kein anderes", stünde es "dem österreichischen Rechtsstaat gut an, es nicht bei diesem Makel zu belassen". Es wäre schließlich peinlich, würde der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in letzter Instanz das Urteil aufheben, eben wegen dieser Optik und Beeinflussung. "Ich glaube ihr, dass Sie bemüht ist, allein, es reicht nicht", sagt Rohregger nun mit Blick auf die Schöffen - diese, Hohenecker und ein weiterer Berufsrichter müssen später über die Befangenheitsanträge entscheiden.
-
-
-
-
Gemurmel macht sich im Saal breit. Die Pause wird für Gespräche und das Umschauen genützt. Zu sehen unter anderem: Thomas Kralik, seines Zeichens ehemaliger Verteidiger von Ex-Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) - Sie erinnern sich sicher. Stichwort: "Cash for Law"-Affäre.
-
-
Ex-Minister Grasser nützt die Pause, um sich mit dem mitangeklagten Vermögensberater W. zu unterhalten. Zur Erinnerung: Letzterer meinte bei der Einvernahme zu Prozessstart, die jahrelangen Ermittlungen samt der negativen Medienberichterstattung hätten ihn ruiniert. Ihm wird übrigens vorgeworfen am Verfassen eines falschen Kreditvertrages beteiligt gewesen zu sein, um vorzutäuschen, dass er selbst, der Lobbyist Meischberger und der Immobilienmakler Plech wirtschaftliche Berechtigte des Kontos mit der Nummer „400.815“ waren und nicht Grasser. Weiters soll er beim Verfassen eines falschen Treuhandvertrags dabei gewesen sein, der Marina Giori-Lhota und nicht ihren Schwiegersohn Grasser als Eigentümer von 784.000 Euro ausgab.
-
-
-
-
-
Anwalt Dietrich meint, dass im Vorfeld einiges ins falsche Register eingetragen worden sei. "Durch die Eintragung in das Zentralverzeichnis" sei Petrikovics zu einer anderen Richterin gelangt. Das sei nicht zulässig gewesen, sagt der Anwalt. Letztlich sei so Richterin Hohenecker zuständig geworden. Dietrich verlangt nun, dass die entsprechenden Akten beigeschafft werden.