Grasser Prozess 12

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Grasser Prozess 12

    Guten Morgen aus dem Wiener Landesgericht für Strafsachen, genauer gesagt aus dem Großen Schwurgerichtssaal. Tag 30 in der „Strafsache gegen mag. Karl-Heinz Grasser uA“, wie das Verfahren hausintern genannt wird, ist angebrochen. Und damit die Einvernahme des Zweitangeklagten Walter Meischberger, seines Zeichens „strategischer Berater“ und der vermutlich „berühmteste Trauzeuge weltweit“, wie er sich selbst im Rahmen seiner gut siebenstündigen Erklärung vor eineinhalb Wochen vorstellte.
    Dem gebürtigen Innsbrucker werden Beweismittelfälschung, Untreue, Geschenkannahme und Bestechung zur Last gelegt. Er selbst bekannte sich bereits „nicht schuldig“ und ortete ein „politisch missbrauchtes Verfahren“, im Zuge dessen über die Jahre hinweg Protokolle an Medien weitergespielt, Aussagen aus dem Kontext gerissen, als Kabarett an der Universität Wien vertont und Hausdurchsuchungen vorab angekündigt wurden.
    Weiters unterstellte er seinem Mitangeklagten, den Lobbyisten Peter Hochegger, gelogen zu haben und einen Deal mit der Staatsanwaltschaft eingegangen zu sein. Konkret: „Hocheggers inszenierte Abkehr von der Gier ist seine Methode, um dem System diesmal zu entkommen“, spielte Meischberger darauf an, dass der Steirer bereits in einer Justizanstalt eingesessen hat.
    Seine Rolle rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen skizzierte Meischberger so: Er habe sich monatelang informiert, sich ein Netzwerk aufgebaut. Letztlich sei der Entschluss gereift, ein Österreich-Konsortium bestehend aus Immofinanz, Raiffeisenlandesbank Oberösterreich und Wiener Städtischen zu bilden, um den Zuschlag zu erhalten. Bei der ersten Bieterrunde am 4. Juni 2004 lag die Konkurrenz CA Immo vorne, darüber hätte ihn damals Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider (FPÖ) informiert. Ebenso darüber, dass es eine zweite Bieterrunde geben sollte und „über die Höhe der Finanzierungsgarantie“ der CA-Immo (960 Millionen Euro). Meischberger habe daraufhin Hochegger angerufen und dieser das Konsortium informiert. Wie viel dieses bieten würde, hätte er nicht gewusst.

    Mit dem Komplex Terminal Tower sei er überdies nur „nebensächlich“ betraut gewesen. Konkret habe er sich nur zweimal zwischen Tür und Angel beim damaligen Generalsekretär im Finanzministerium erkundigt, wie es um die Einmietung der Finanzdienststellen in das Linzer Bürogebäude bestellt sei. Die 200.000 Euro, die die Staatsanwaltschaft in diesem Zusammenhang als Schmiergeld anführe, seien etwas ganz anderes gewesen. Nämlich: Die Bezahlung für Meischbergers jahrelange Tätigkeit für die Porr.

    Zu seinen zahlreichen Konten – „Walter“, „Karin“ und „Natalie“ – bezog Meischberger auch Stellung: „Die Konten Walter und Natalie standen und stehen ausschließlich in meinem Besitz und in meinem wirtschaftlichen Einflussbereich“, schloss er vehement aus, dass „Walter“ Grasser gehöre. „Karin“ dagegen sei formal „nicht in meinem Einflussbereich gestanden, die Gelder wurden aber von mir dorthin überwiesen“. Und zwar, damit der mitangeklagte Immobilienmaker Ernst Karl Plech damit Investitionen tätigen konnte. Lange Rede, kurzes Fazit: „Es hat nie einen Tatplan gegeben.“ 

    Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft – in personam die Oberstaatsanwälte Alexander Marchart und Gerald Denk – sieht das bekanntlich anders: Der ehemalige FPÖ-Generalsekretär erstattete im September 2009 Selbstanzeige: Er habe eine Provision von knapp zehn Millionen Euro nicht versteuert, die er beim Verkauf der Buwog an das Österreich-Konsortium erhielt. Die Ermittler vermuten: Meischberger habe von Grasser den Tipp erhalten, wie viel das Österreich-Konsortium mindestens bieten müsse, um den Buwog-Zuschlag zu erhalten. Diese Zahl habe Meischberger dem Lobbyisten Peter Hochegger weitergesagt – und habe dafür kassiert. Um das zu verschleiern soll er am Verfassen von Scheinverträgen mitgewirkt haben. Ähnlich Meischbergers Rolle bzw. die Vorwürfe gegen ihn in der Causa Terminal Tower: Bei der Übersiedlung der oberösterreichischen Finanzlandesdirektion in das Linzer Bürogebäude soll er im Sinne der Porr und der RLB OÖ vermittelt und 200.000 Euro erhalten haben. Die Staatsanwaltschaft ortet Schmiergeld. Meischberger bestreitet.
    „Extra für euch“, hört man gerade im Großen Schwurgerichtssaal. Die wartenden Journalisten – und auch die bereits eingetroffenen Anwälte bzw. deren Mitarbeiter, die in den ersten Reihen des Saals sitzen – drehen sich um. Bei der Tür herein kommt Michael Dohr, Anwalt eines Porr-Mitarbeiters – und zwar in einem pinken Anzug. Bereitwillig lässt er sich fotografieren und grinst. Es ist nicht das erste Mal, dass er Mut zur Farbe beweist – sehen Sie selbst in unserer „Stilkritik“.
    Langsam füllen sich die Reihen in Österreichs größtem Gerichtssaal. Die Angeklagten Peter Hochegger, ehemaliger PR-Profi, und Ex-Immofinanz-Vorstand Christian Thornton sind bereits eingetroffen und unterhalten sich. Auch der Steuerberater Gerald Toifl hat schon seinen Platz eingenommen. Manfred Ainedter, der gemeinsam mit Norbert Wess die Verteidigung von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser übernommen hat, hat ebenfalls schon seine Unterlagen auf dem Tisch positioniert.
    Die übrigen Angeklagten folgen - nur Grasser selbst ist noch nicht zu sehen. Er spähte nur kurz bei der Seitentüre herein, betrat den denkmalgeschützten Raum aber noch nicht.
    Die Schöffen treten ein, die beiden Oberstaatsanwälte und die Privatbeteiligtenvertreter sind da. Grasser betritt den Saal - diesmal in einem hellgrauen Anzug, bislang wählte er meist dunklere Farben. Und zuletzt betritt Richterin Marion Hohenecker den Saal - sie setzt die Verhandlung fort und komplimentiert Film- und Fotografenteams aus dem Saal.
    "Es wird von der Verteidigung die Sitzordnung moniert", spielt Hohenecker das übliche Prozedere ab - jeden Tag wird die Sitzordnung beanstandet, da sich die Verteidigung darüber ärgert, "am tiefsten" Punkt im Saal sitzen zu müssen und damit gegenüber der Richterbank. "Und hier die Buwog-Staffel Teil zwei", grinst die Richterin und überreicht Anwalt Ainedter einen USB-Stick. Darauf zu finden sind die bisher angelegten Tonmitschnitte von den Verhandlungstagen 13 bis 24. Außerdem informiert sie darüber, dass die Protokolle der ersten 20 Tage fertig sind - ihr Umfang: 1429 Seiten.
    Damit ist der Bürokratie soweit alle Schuldigkeit getan. Der "strategische Berater" Meischberger nimmt daher seine Mappen unter den Arm und schreitet in die Saalmitte, wo er im Zeugenstand Platz nimmt. Die Richterin beginnt ihre Einvernahme. "Mich interessiert, aufgrund welcher Erwägungen Sie nach Ihrer politischen Karriere zu Ihren Tätigkeiten gekommen sind?"
    Meischberger erklärt, ihm sei die Idee, das "Seitenblicke"-Magazin zu gründen, auf einem Rückflug von Hamburg gekommen zu sein. Da er Kontakte zum ORF gehabt habe und die Sendung "Seitenblicke" gekannt habe, dachte er, daraus könnte man etwas Schriftliches machen - was es bis heute gibt. Er sei Verleger und Herausgeber gewesen und parallel dazu habe er selbstständig gearbeitet - die Agentur ZehnVierzig ins Leben gerufen-, eben in der strategischen Kommunikation.
    "Damals hatte diese Gossip-Gesellschaftsberichterstattung ihren Höhenpunkt", sagt Meischberger. Außerdem habe es "damals das Internet noch nicht gegeben", schildert er seine Erinnerungen an das Jahr 1999.
    In dem Flugzeug habe er übrigens mit Peter Hochegger gesessen, sagt Meischberger. Ob das der Beginn der Zusammenarbeit war? Nein, meint Meischberger, man habe schon früher kooperiert. Ein Freund habe ihm, Meischberger, Hochegger damals in einem Wiener Kaffeehaus vorgestellt. "Er ist mir als sehr kompetenter, sehr sympathischer Unternehmer entgegengetreten", schildert Meischberger. "Wir waren uns sehr schnell einig, dass man hier etwas aufbauen und schaffen kann." Von wem die Initiative ausging? Das wisse er nicht mehr so genau. "Aber die Agentur Hochegger war für mich natürlich eine tolle Basis."
    Richterin Hohenecker fragt nach der Rollenaufteilung. Meischberger schildert, dass Hochegger gewissermaßen "die Werkstatt", das Team gehabt habe. Und freilich auch Kontakte. Er, Meischberger, habe "Wissen über politische Vorgänge" eingebracht - "Wie kommen Gesetze zustande? Welche Einflüsse herrschen dort? Und ganz wichtig: Wer entscheidet?" Die Richterin meint, dass es doch geregelt sei, wie Gesetze gemacht werden. Meischberger meint, hier gebe es zwei Realitäten - die Regeln und den Rest. Er nennt ein Beispiel: Es gebe offiziell frei entscheidende Abgeordnete, dahinter stünden aber Kammern und Vereinigungen wie die Sozialpartnerschaft. Letztere würden verhandeln und erst dann würden die Abgeordnete davon erfahren und dann erst würden die Gesetze gemacht. "So werden reale Gesetze gemacht", sagt Meischberger. Und das habe er Hochegger erzählt? Nein, sagt Meischberger, Hochegger habe ihm das erläutert.
    Hochegger habe Meischberger dann eine Gesellschafterposition angeboten. "Das war für mich ein sehr interessanter Ausblick, ist aber nicht zustande gekommen", sagt der Ex-FPÖ-ler, der beinahe zehn Jahre als freiheitlicher Mandatar tätig war. Warum? Weil Hocheggers Bruder (Paul, Anm.) mit seiner politischen Vergangenheit einen Problem gehabt habe, "obwohl wir uns persönlich sehr gut verstanden haben". So sei es gekommen, dass Peter Hochegger und er, Meischberger, "projektbezogen zusammengarebietet" hätten. "Es hat nie eine schriftliche Vereinigung gegeben zwischen uns - immer nur mündlich", sagt Meischberger. Hochegger habe "immer die Rechnungen gemacht", er habe diese nicht kontrolliert, denn: "Wir waren uns im Großen und Ganzen immer einig."
    Die Abrechnungen habe "meistens" Hochegger gemacht - also Hochegger mit dem Kunden und dann habe er, Meischberger, mit Hochegger abgerechnet.
    Rechnungen von Meischberger an Hochegger bzw. an dessen Gesellschaft habe es gegeben. "Ich als Walter Meischberger oder als ZehnVierzig Gmbh", sagt der Berater.
    Die Richterin wechselt das Thema und kommt zu der Privatisierung der Bundeswohnungen. "Gab es ein Datum, da haben Sie festgelegt, Sie wollen tätig werden?", fragt Hohenecker. Meischberger denkt nach, stockt ein wenig: "Über den Sommer... würde ich sagen... wohl ein Vierteljahr vor dem Jahr 2003."
    "Wie genau waren Sie da involviert in dieses Stimmungsbild, das diese staatsnahen Betriebe, Bereiche verkauft werden sollen?", fragt Hohenecker. "Ich war nicht in die administrativen Festlegungen eingebunden", sagt Meischberger. Aber "der Finanzminister Karl-Heinz Grasser war damals ein ganz junger Finanzminister. Er wollte seine Spuren hinterlassen. Ich war damals einer seiner Berater als politischer Figur", führt er aus. Aber: Er habe keine ministerielle Arbeit mit diesem gemacht, sondern ihn als "politische Person", als Marke, beraten. "In diesem Bereich habe ich ihn sehr eng beraten."
    Grasser sei kein Verwalter seines Ressort gewesen, sondern mehr der Typ "unternehmerischer Denker", der sage: "Hallo, hier gibt es Möglichkeiten." Grasser blickt, während Meischberger spricht, übrigens ungerührt auf sein Smartphone, Meischberger blickt während des Sprechens abwechselnd die Richterin und die Staatsanwälte an.
    Meischberger erläutert also: Wenn ein Minister eine Idee habe, dann müsse er seine Partei überzeugen, dann den Regierungspartner, dann die Abgeordneten. Dazu brauche es Strategien. "Das haben Sie gemacht?", fragt die Richterin. Er sei dabei gewesen", sagt Meischberger. Hochegger sei auch dabei gewesen. "Wir haben versucht, diese Politik zu verkaufen."
    Grasser könne das sicher besser erläutert, als er, meint Meischberger. In diesem Moment blickt der Ex-Minister auf. Die Richterin beachtet ihn indes nicht, sondern ist auf Meischberger konzentriert: "Ich frage jetzt einmal Sie."
    Meischberger macht weiter: Er habe vom langjährigen Porr-Vertrauten, Senator und Bauunternehmer Anton Kallinger den Hinweis bekommen: "Du, das wäre was, das könnten wir gemeinsam machen", sagt Meischberger und meint die Privatisierung der Bundeswohnungen.
    Wie er und Grasser sich kennengelernt hätten?, fragt die Richterin. Über dessen Einstieg in die Politik mit Anfang 20, sagt Meischberger. Damals in Kärnten und weiter in die Bundespartei. Eine zeitlang seien sie beide Generalsekretäre der FPÖ gewesen. Dann sei Meischberger irgendwann aus der Politik ausgestiegen, Grasser geblieben. "Und dann kam der überraschenden Ruf des Dr. Haider an den Karl-Heinz Grasser in der neuen Regierung den Finanzminister zu machen." Das sei überraschend gewesen, hätten sich Meischberger und Grasser mit Haider doch eher überworfen. Grasser habe Meischberger angerufen und darüber informiert, letztlich hatte er zugesagt. "Wir waren dann ständig in Kontakt und in Austausch. Meine Aufgabe war es, ständig aus seiner Sicht zu denken - als politische Person."
     
    Ein offizielles Beratungsmandat habe er nicht gehabt, aber er habe das sehr gerne gemacht. Grasser habe, so sein Eindruck, auch gerne auf Meischberger vertraut. Das Verhältnis sei durchwegs freundschaftlich gewesen, aber auch im Eigeninteresse, "weil es mein Betätigungsfeld war". Anfangs hätte die Grasser-Beratung etwa zehn Prozent seines Tagespensums ausgemacht, meint Meischberger. Als Grasser dann Minister war, habe dieser ein Team von Beratern um sich gehabt. "Das, was den politisch-strategischen Bereich betrifft", so Meischberger, "da haben gearbeitet der Peter Hochegger, ich, die Kabinettchefs". Und hie und da projektbezogene Teams. Das hätte dann so 15 Prozent seiner Zeit in Anspruch genommen. "Es wir einmal die eine oder andere Woche gegeben haben, da war ich nicht da, dann zweimal die Woche." Also im Schnitt: Einmal die Woche war Meischberger im Finanzministerium. "Wenn es etwas zu tun gab, war ich ständig auf dem Laufenden."
    Man wollte aus Grasser einen "Minister zum Anfassen" machen, sagt Meischberger. Ein Schritt zu diesem Ziel sei eine groß angelegte Roadshow gewesen, auf der Mitarbeiter von Hocheggers Organisationsteam Grasser dann begleitet hätten.
    Wann genau er denn so im Finanzministerium ein- und ausgegangen sei? Wohl mehr oder minder während Grassers gesamten Regierungszeit. "Hat man Sie dort gekannt?", fragt die Richterin. "Ich denke schon... schon. Gekannt hat man mich dort schon, so unauffällig war ich grad wieder nicht", sagt Meischberger. "Haben Sie ein Büro im Ministerium gehabt?", fragt Hohenecker. "Das wäre nett gewesen", sagt Meischberger, aber nein. Er sei dort zwar für Besprechungen in Büros gesessen, habe dann aber alle seine Unterlagen wieder mitgenommen.
    Die Richterin kommt zurück zur Privatisierung der Bundeswohnungen. Sie fasst zusammen: Meischbeger habe also zuerst vom Interesse der Immofinanz an den Wohnungen erfahren, konkret einen Zeitungsartikel über eine geplante Kapitalerhöhung, und dann, etwa ein Jahr später, davon, dass es entsprechende Gesetzesvorbereitungen diesbezüglich gebe? Meischberger meint: "Wenn Sie das sagen, Sie haben sich das angeschaut." Die Richterin lacht und seufzt dann auch gleich. Meischberger sieht ein, dass das wohl nicht die optimale Antwort war und meint: "Ich weiß es nicht mehr genau."
    Grasser habe eine Politik der Privatisierung verfolgt, sagt Meischberger. "Ich habe das natürlich verfolgt, es war aber noch nicht entschieden (das verkauft werden soll, Anm.)", meint er. Im Frühjahr 2003 sei dann wohl der Beschluss gereift, "das zu machen und dann hat man sicher über die gesetzlichen Grundlagen entschieden - also so im April 2003 ist das wohl fix gewesen".
    Kurz zuvor habe er in Berlin einen Verkauf öffentlicher Wohnungen beobachtet, erinnert sich Meischberger. Ein Erfolgsprojekt sei das damals aber nicht gewesen. "Wenn Karl-Heinz Grasser in Deutschland aufgetreten ist, war er der Superstar", sagt Meischberger. Die Deutschen hätten Probleme mit der Wirtschaft gehabt. Darüber habe er damals mit dem Immobilienmakler Ernst Karl Plech (der mitangeklagt, aber derzeit nicht im Gerichtssaal aufhältig ist) gesprochen, mit Grasser aber nicht. Denn die Causa Buwog sei ja eben erst später, also 2003 Thema geworden.
    Die Richterin will chronologisch vorgehen und nicht ständig vor und zurück springen, daher sagt sie: Es habe also diese "Berliner Geschichte" gegeben, im Frühjahr 2003 habe sich dann die Privatisierung der Bundeswohnungen abgezeichnet. Meischberger bestätigt das.
    Wie das Verhältnis von Plech und Grasser war? Plech sei nie FPÖ-Mitglied gewesen, habe aber "den Haider-Wahlkampf 1989 sehr großzügig unterstützt". Wie genau? Damals seien mehrere Landtagswahlen gewesen, Plech habe Haider auf der Straße getroffen und gefragt, ob er ihm helfen könne. Haider habe scherzhaft gemeint: "Kafn'S ma an Hubschrauber." Das habe Plech nicht getan, aber Hubschrauberflüge gesponsert. So sei er in der Partei bekannt geworden, und so hätten sich wohl Plech und Grasser dann kennengelernt. 
    Außerdem habe Haider eine Zeit lang in einer Wohnung Plechs in Wien gewohnt. Und er glaube, Grasser habe dort auch einmal gewohnt, sagt Meischberger. Die Richterin will weiter fragen, verwechselt aber die Vornamen und heraus kommt: "Karl Ernst Grasser." Meischberger grinst.
    Nachdem die Namen wieder korrekt zusammengefüt wurden, fragt die Richterin nochmal nach den Verhältnissen zwischen Grasser, Plech und Meischberger. Meischberger nennt Plech abermals "väterlichen Freund", Grasser habe er, Meischberger, "gut beraten" und man sei "sehr freundschaftlich" miteinander umgegangen. Grasser und Plech seien nicht ganz so eng gewesen, in Zahlen: "75 Prozent von meinen 100 Prozent". Plech habe ihm, Meischberger, in finanziellen Engpässen geholfen, als sich Meischberger mit Haider überworfen und zudem auch noch eine Scheidung am Laufen hatte.
    Diese Darlehen von Plech seien immer privater Natur gegeben - "immer mit Handschlag", sagt Meischberger. "Das war absolut üblich und ist oft vorgekommen." Die Richterin wundert sich: Meischberger habe einmal ausgesagt, als es um die Anschaffung eines gemeinsamen Bootes gegangen sei, dass Plech im privaten Bereich sehr penibel gewesen sei, immer mit Vereinbarungen gearbeitet habe - im geschäftlichen sei man auf seinen Handschlag angewiesen gewesen. Meischberger "versteht den Hintergrund der Frage", betont aber: "Das Boot war eine Ausnahme."
    Meischberger versucht zu erklären: Plech habe öfters auf Ibiza geurlaubt und dort ein Boot benutzen dürfen. 2005 habe Meischberger mithilfe Plechs auf der Insel eine Wohnung gekauft. Zeitgleich habe Meischberger in Wien ein Haus gebaut. Das sei für ihn finanziell sehr belastend gewesen. Plech habe gewollt, dass sie beide Nachbarn würden auf Ibiza.
    Meischberger habe sich überzeugen lassen, aber zugleich wollte er "nicht auffällig werden". Dann hätten Plech und er 2006 auch über ein neueres Boot gesprochen, von dem Typ habe es nämlich nur wenige Stücke gegeben. Irgendwann habe man sich entschlossen, es zu kaufen. Meischberger wollte in der Öffentlichkeit aber nicht als Bootsbesitzer aufscheinen, das habe Plech sein sollen. Meischberger hätte letztlich eine Tranche Geld vom Konto Natalie überwiesen.
    "Wenn Sie wegen der Wiener Wohnung finanziell nicht flüssig waren, warum kaufen Sie dann ein Boot?", fragt die Richterin. Meischberger meint, er habe jahrelang das Plech-Boot nehmen dürfen, daher sei es ihm ein Anliegen geworden, ein neues zu kaufen, weil ja seine Familie so viel damit gemacht habe.
    Und das Finanzielle? 260.000 Euro seien von dem Liechtensteiner Konto gekommen, sagt Meischberger. Das sei eine Investition auf zwanzig Jahre gewesen. Das sei viel langlebiger als ein Auto. "Ich habe den Kaufpreis bezahlt, aber die Flagge ist von Plech, damit ist er Eigentümer vom Boot."
    Wer würde denn im Ableben von Plech das Boot erben?, fragt die Richterin "ohne jetzt schwarzmalen zu wollen". Vermutlich die Plech-Kinder, sagt Meischberger. Die wüssten ja von der Vereinbarung. Er habe also keinerlei Befürchtungen, das Boot dann nicht mehr verwenden zu dürfen.
    "Lassen wir man diesen Bootsausflug", hat die Richterin genug gehört, lehnt sich kurz zurück und blickt Meischberger wieder an: "Zurück zur Privatisierung der Bundeswohnungen." Wie das denn nun mit den Kontakten zur Immofinanz (die Teil des letztlich siegreichen Österreich-Konsortiums gewesen ist, Anm.) ausgesehen habe? Meischberger sagt, dass Senator Kallinger ihn informiert habe, dass die Immofinanz an einem Konsortium arbeite. Vermutlich im zweiten Halbjahr 2003, nach dem Gesetzesbeschluss, "glab i".
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