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Eurofighter-U-Ausschuss I
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Guten Morgen aus dem Lokal VI des Parlaments. Im Hohen Haus beginnt heute der 21. Untersuchungsausschuss der Zweiten Republik – und der zweite zum Kauf der Eurofighter. Am Programm stehen zwei Befragungen. Ab 10 Uhr wird Birgit Caesar-Stifter, Leiterin der Sektion 2A1, Äußeres/Verteidigung des Rechnungshofes, befragt. Am Nachmittag folgt, ab 14 Uhr, der Präsident der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn. Letzterer wurde vom grünen Fraktionsvorsitzenden Peter Pilz im Vorfeld bereits als die "möglicherweise wichtigste Auskunftsperson" angekündigt. Denn: "Peschorn ist damals vom Minister (Norbert Darabos, SPÖ, Anm.) als Verhandlungsleiter eingesetzt worden – als Anwalt der Republik Österreich – dann ist er für Eurofighter unbequem geworden und ist durch den Minister abserviert worden."
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Die Befragung erfolgt durch die Fraktionsführer der Parlamentsparteien. Verfahrensrichter ist Ronald Rohrer. Er war einst Vizepräsident des Obersten Gerichtshofes, mittlerweile ist er in Pension. Der Verfahrensrichter unterstützt die U-Ausschuss-Vorsitzende, Nationalratspräsidentin Doris Bures, und führt beispielsweise auch die Erstbefragung von Auskunftspersonen durch.
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Was steht heute bevor?
Erstes Thema soll der umstrittene "Darabos-Vergleich" sein. Konkret: Im Wahlkampf 2006 hatte die SPÖ den Ausstieg aus dem unpopulären Eurofighter-Deal propagiert. Norbert Darabos wurde in der Folge Verteidigungsminister und ließ Möglichkeiten prüfen, die Flieger wieder abzubestellen - gelungen ist letztlich ein bis heute umstrittener "Vergleich". Kernpunkt der am 24. Juni 2007 unterzeichneten (und zwei Tage später publik gemachten) Einigung: Statt 18 Jets der modernen Tranche II sollten nur 15 Flugzeuge der ersten Baureihe geliefert werden. Inklusive Preisnachlass bei den Betriebskosten glaubte Darabos an Einsparungen von 370 Millionen Euro. -
Allerdings: Der Rechnungshof kam ein Jahr später, also 2008, auf deutlich weniger, nämlich nur 267 Millionen Euro, die noch dazu durch mangelnde Einsatztauglichkeit erkauft wurden. Abbestellt wurden nämlich auch Geräte zum Selbstschutz sowie zur Nacht- und Schlechtwettersicht. Außerdem kritisierten die Prüfer die Vergleichsverhandlungen: Darabos führte diese alleine, nur mit Hilfe eines externen Beraters. Die Experten in seinem Ministerium waren ebenso wenig eingebunden, wie die Finanzprokuratur und das Finanzministerium. Und es gab keinerlei Aufzeichnungen über den Verhandlungsverlauf, wie der Rechnungshof nachträglich bemängelte. Festgehalten ist das Verhandlungsergebnis lediglich in einer "Punktation".
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Im Februar 2017 erstattete nun Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) Strafanzeige gegen Eurofighter und den Mutterkonzern Airbus. "Betrug" und "arglistige Täuschung" lauten die Vorwürfe. Die Argumentation: 183 Millionen Euro sind über Waffenhändler oder die Firma Vector Aerospace an teils noch nicht bekannte Personen geflossen. Folglich sei der Kaufpreis um diese Summe zu hoch. Und zweitens sei Eurofighter gar nie in der Lage gewesen, das vereinbarte Fluggerät zum vereinbarten Zeitpunkt zu liefern. Man fordere daher Schadenersatz.
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U-Ausschuss-Touristen
Das war es fürs Erste mit der Theorie, nun zur Praxis. Das Lokal VI im Parlament ist noch leer, einzelne Journalisten haben schon ihre Plätze eingenommen und die Laptops hochgefahren. Vor der Türe warten die Kamerateams auf das Ankommen der Abgeordneten. Einen "Touristen" konnte die "Presse" schon erspähen. Der Grüne Werner Kogler stattete den Wartenden einen Besuch ab und stellte sich als solcher vor. Begründung: "U-Ausschuss-Touristen erkennt man an der Sonnenbrille am Kopf." -
"Keine Inquisition"
Gabriele Tamandl von der ÖVP ist bereits da. Sie begrüßt die Journalisten an diesem sonnigen Tag. Von den heutigen Befragungen erwartet sie sich, dass "ganz normal und ganz nüchtern" abgearbeitet wird, wer bei den Verhandlungen dabei war und wie es zu dem Vergleich des Jahres 2007 gekommen sei. "Der Untersuchungsausschuss ist keine heilige Inquisition", betont Tamandl. -
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"Es geht jetzt in die letzte Runde, wir bringen das zu einem Abschluss", gibt sich Pilz optimistisch. Zum ersten Mal sei das gesamte Parlament, alle Fraktionen, vereint im Kampf gegen Eurofighter. Pilz wird allerdings nicht für seine Partei die ersten Fragen stellen, sondern die grüne Rechnungshofexpertin Gabriela Moser. Auch sie trifft gerade ein: "Wir wollen, dass dieser Darabos-Vergleich in aller Präzision dargelegt wird - und sein Schaden für die Republik Österreich. Es geht um Steuergeld und da ist der Rechnungshof der beste Verbündete", betont Moser, während Pilz Werbung für den grünen Whatsapp-Service macht.
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Um die Wartezeit zu verkürzen, ein kleiner Exkurs: Heute findet der 21. U-Ausschuss statt. Einen Überblick über alle bisherigen gibt es hier:
tp://diepresse.com/home/innenpolitik/5172391/UnoCity-Eurofighter-Hypo_Oesterreichs-UAusschuesse
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Otto Pendl, Fraktionsführer der SPÖ, ist zu den Journalisten herausgekommen. Er hofft "auf einen guten Start". Er gehe davon aus, dass "sehr sachlich" gearbeitet werde. "Wir haben uns vorgenommen, dass wir sehr zielorientiert arbeiten werden". Ob es für die SPÖ unangenehm werden könnte - Stichwort Darabos-Vergleich? "Das glaube ich nicht." Immerhin habe man damals zu dem Vertrag mit EADS stehen müssen, Österreich hätte nicht einfach aussteigen können. Außerdem habe den Ursprungsvertrag von 2003 ja Schwarz-Blau ausverhandelt.
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Was also dürfen wir uns erwarten? Martin Fritzl meint im heutigen Leitarikel "eine Politshow mit ernstem Hintergrund".
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Rohrer stellt Caesar-Stifter vor und betont, dass sie "verpflichtet ist, die Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten". Andernfalls drohe eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Generelles Recht auf Aussageverweigerung bestehe nicht. Caesar-Stifter hat übrigens eine Vertrauensperson mitgebracht. Mit ihr darf sie sich besprechen.
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Der Rechnungshof habe im August 2008, knapp ein Jahr nach dem Darabos-Vergleich, einen Bericht veröffentlicht, sagt die RH-Sektionschefin Caesar-Stifter. Darin sei Kritik geübt worden: Für den Rechnungshof sei nicht nachvollziehbar gewesen, wie die Kosten zustandegekommen seien. Die Jets seien zum Teil gebraucht gewesen. Zur Erinnerung: Inklusive Preisnachlass bei den Betriebskosten glaubte Darabos an Einsparungen von 370 Millionen Euro. Der Rechnungshof wies hingegen nur 267 Millionen Euro aus.
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Rohrer stellt seine erste Frage: Wie bewertet Caesar-Stifter den Vergleich in Summe? War sie vorteilshaft für die Repubik? Der Rechnungshof habe keine Gesamtbewertung machen können, da "uns die Daten gefehlt haben", antwortet sie. Man habe alle Dokumente zu den Vergleichsverhandlungen angefordert, so Caesar-Stifter, etwa zu den Kosten der Abbestellung, aber: "Uns wurde nichts vorgelegt".
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Nächster Aspekt: Ersatzteile für die Eurofighter. Der Hintergrund: Durch das Auslaufen der Tranche eins-Produktion waren viele Ersatzteile plötzlich nicht mehr erhältlich. Schon in den Jahren 2010 und 2011 waren 24 bzw. 32 Prozent der Flotte wegen fehlender Ersatzteile nicht einsatzbereit. Ein Problem, das sich ständig verschärft. Caesar-Stifter bestätigt, dass einige Jets nicht einsatzfähig sind.
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Der Rechnungshof habe im Bericht außerdem darauf hingewiesen, dass eine umfassende Luftraumüberwachung mit 24 Jets gewährleistet gewesen wäre, zu 18 Flugzeugen wurde keine Untersuchung gemacht. Rohrer hat damit keine Fragen mehr an Caesar-Stifter, damit sind die Abgeordneten am Zug. Den Anfang macht die SPÖ. Zum Zeitlichen: Erste Fragerunde sechs Minuten Nettofragezeigt pro Fraktion.
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Daniela Holzinger von der SPÖ beginnt. "Haben Sie alle notwendigen Unterlagen vom Veteidigungsministerium zum Vergleich erhalten? Gab es Beeinflussungen bei der Erstellung des Rechnungshof-Berichts?" Caesar-Stifter betont, man habe Unterlagen erhalten, habe Fragebögen erstellt. Diese Unterlagen habe man dem U-Ausschuss übermittelt. "Zur Frage der Beeinflussung: Das kann ich ausschließen." Es habe keine Verzögerungen oder Behinderungen gegeben.
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Holzinger stellt ihre nächste Frage, diesmal geht es um das Einvernehmen mit dem Finanzministerium. Caesar-Stifter zitiert dazu aus dem Rechnungshof-Bericht von 2008. Man sei zu dem Schluss gekommen, dass es das Einvernehmen des Finanzministeriums benötigt hätte.
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Holzinger kommt zur Stückzahlreduktion (zunächst von 24 auf 18 Flugzeuge, dazu habe es keine militärischen Überlegungen gegeben, heißt es im Rechnungshof-Bericht, Anm.). Ob Caesar-Stifter dazu Unterlagen erhalten habe? es wurde eine "Minimalvariante der Luftraumüberwachung" mit zwölf Stück durchgerechnet, sagt Caesar-Stifter. Allerdings: Dafür hätte das gesamte Überwachungssystem neu aufgestellt werden müssen.
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Holzinger wundert dieses Vorgehen. Warum sei die Finanzprokuratur nicht eingebunden worden? Caesar-Stifter sagt, laut Gesetz habe die Finanzprokuratur den Bund zu beraten. Kopf klingelt - Holzingers Fragezeit ist vorüber. Sie wehrt sich: "Meine Uhr zeigt mir noch 35 Sekunden, die Uhren im Parlament gehen schneller."
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Nun ist die FPÖ an der Reihe. Die Fragestellung beginnt mit einer Zitation aus den Akten - ÖVP-Fraktionsführerin Tamandl schaltet sich ein und ermahnt, der Auskunftsperson und dem Verfahrensrichter die Unterlagen vorzulegen -, die FPÖ, konkret der Abgeordnete Bösch, will zuerst zitieren, dann vorlegen.
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Nun tatsächlich die Frage: War der Vergleich ein Nachteil für die Republik. Caesar-Stifter: "Der Rechnungshof hat dazu alle im vorgelegten Unterlagen überprüft und Kritik an manchen Punkten angemerkt." Eine Gesamtbeurteilung sei aber nicht möglich gewesen, wiederholt sie sich, da einige Daten zur Kalkulation gefehlt hätten.
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Es geht wieder um die Stückzahlreduktion sowie darum, dass die Jets, die nach den Vergleichsverhandlungen geliefert wurden, nicht mit Selbstschutz- und Zielerfassungsgeräten ausgerüstet waren. Außerdem, so führt Caesar-Stifter neuerlich aus: "Sechs Flugzeuge waren gebraucht und nicht - wie vereinbart - fabriksneu."
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"Der Rechnungshof hat im Zuge seiner Prüfungnatürlich versucht, irgendwie zu Daten zu kommen", betont Caesar-Stifter und blickt Bösch nun direkt an. Allerdings: Dazu, wie sich der Wechsel von den ursprünglich ausgemachten neueren Jets auf die ältere Tranche II ausgewirkt habe, dazu habe man keine Unterlagen erhalten.
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Der FPÖ-Abgeordnete Bösch fragt nach Dokumenten aus dem Finanzministerium. Aus diesen gehe hervor, dass der Vgerleich von Darabos Mehrkosten verursacht habe, konkret, einen Kostenanstieg von acht Millionen Euro pro Eurofighter. Caesar-Stifter berät sich mit ihrer Vertrauensperson, dann sagt sie: "Dieses Dokument ist uns nicht erinnerlich."
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Ob es von Vorteil gewesen wäre, wenn der Präsident der Finanzprokuratur bei den gesamten Vergleichs-Verhandungen dabei gewesen wäre? "Was uns am meisten getsört hat: Für uns war aufgrund fehlender Unterlagen nicht nachvollziehbar, wie der Ablauf der Verhandlungen war und wie sich einzelnen Positionen berechnet haben", sagt Caesar-Stifter darauf. Zur Erinnerung: Im April 2007 war der Präsident der Finanzprokuratur noch an den Verhandlungen beteiligt. Seine Teilnahme wurde von Eurofighter dann aber abgelehnt. Er habe aber im "Backoffice" beraten, sagt Caesar-Stifter nun.
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Caesar-Stifter führt aus, dass, solange der der Präsident der Finanzprokuratur (es handelt sich um Wolfgang Peschorn, der heute Nachmittag noch befragt wird) an den Verhandlungen teilgenommen hatte, auch dokumentiert wurde - danach habe es keine Dokumente mehr gegeben. "Wir haben gesehen, dass es einen gewissen Bruch gab."
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Bösch fasst zusammen: "Das Gutachten von Prof. Koziol (ein externer Berater, den Darabos als einzigen Berater mit zu den Vergleichs-Verhandlungen genommen hatte und der festgestellt hatte, dass Österreich 2007 nicht aus dem ursprünglichen Eurofighter-Vertrag aussteigen konnte und daher einen Vergleich empfohlen, Anm.) hätte auch von der Finanzprokuratur geleistet werden können. Das Ausschalten der Finanzprokuratur war ein wesentlicher Punkt, der zu einer Verschlechterung der Situation für die Republik geführt hat."
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